Vor allem in Hanglagen können Anbaugeräte häufig nicht die Spur des Traktors halten. Wenn sie driften, kann die angebaute Hacke die Feldfrucht schädigen. Dagegen hilft eine aktive automatische Anbaugerätelenkung, wie sie zum Beispiel Reichhardt mit dem Verschieberahmen PSR SLIDE anbietet. Der PSR SLIDE bezieht Position zwischen Traktor und Anbaugerät. Dort stattet er von der Dammfräse bis zur Hacke alle im Betrieb vorhandenen Geräte mit der automatischen Lenkung aus. 2019 wurde das Gerät für höhere Traglasten überarbeitet. Die Nachfrage nach den Geräten steigt, da immer mehr Landwirte auf biologische Landwirtschaft umstellen und viel hacken.
#Ö sprach mit Felix Kleiber, Agraringenieur und Produktspezialist bei Reichhardt, über die Technik.
- #Ö: Reichhardt hat dem SLIDE die Eigenschaften „präzise, unabhängig, umweltfreundlich“ auf die Fahne geschrieben. Können Sie erklären, woher diese Attribute kommen?
Kleiber: Präzise heißt, dass man vorhandene Geräte im Betrieb, die nicht präzise arbeiten, präzise machen kann. Zum Beispiel eine Dammfräse oder eine Hackmaschine. Dann muss man nicht den kompletten Maschinenpark neu anschaffen. Das spart außerdem Neuinvestitionen und ist nachhaltig. Die Präzision des SLIDE wird aus Satellitendaten gespeist. Der Receiver für die Signale des globalen Navigationssatelliten-Systems(GNSS) wird auf dem Verschieberahmen montiert und sagt ihm, wo er fahren soll. Die Satelliten, auf die sich GNSS bezieht, verändern ihre Position aber immer ein wenig. Deshalb werden die Satellitendaten mit Real Time Kinematic (RTK) Korrektursignalen verrechnet, die sich auf einen festen Anhaltspunkt irgendwo auf der Erde beziehen. So lässt sich die genaue Position berechnen. Wenn ich nur mit Satellitendaten fahren würde, würde ich eine im Frühjahr gedrillte Maisreihe beim Hacken nicht wieder finden. RTK ermöglicht eine Genauigkeit von plus minus zwei Zentimeter. Durch seine Verschiebebewegung überträgt der SLIDE diese Präzision auf das Anbaugerät. Der Verschieberahmen kann 30 Zentimeter in jede Richtung ausgleichen. Daraus ergibt sich ein Verschiebeweg von insgesamt 60 Zentimetern. Vorher muss man natürlich die Fahrspuren einstellen.
- #Ö: Wie funktioniert das?
Kleiber: Als erstes hänge ich hinten an den Standard-Dreipunkt (Anbaukategorie 2 oder 3) den Verschieberahmen an und daran dann das Anbaugerät. Das funktioniert auch mit einem Zapfwellenantrieb. Dann entscheide ich, wie gesteuert werden soll: Mit GNSS, also den RTK-Daten, oder mit Ultraschallsensoren. Anschließend fahre ich auf mein Feld und lege eine Fahrspur an. Bei GNSS definiere ich die Punkte A und B. Alternativ tasten Ultraschallsensoren vorhandene Strukturen ab – ähnlich wie der Ultraschall-Orientierungssinn der Fledermäuse. Man kann auch während der Arbeit zwischen GNSS und Ultraschall wechseln. Zum Beispiel, wenn die Maisreihe ungleichmäßig aufgegangen ist. Ultraschall lohnt sich auch dann, wenn die Drillmaschine nicht mit GNSS gefahren ist und ich so die Koordinaten der Reihe nicht habe.
- #Ö: Und was hat der SLIDE mit Unabhängigkeit zu tun?
Kleiber: Der SLIDE ist schnell umgebaut und universell einsetzbar. Jedes Standardanbaugerät kann angebaut werden. Nur wenn man ein zapfwellenbetriebenes Gerät hat, muss man vielleicht eine längere Zapfwelle kaufen, weil ja noch der SLIDE dazwischen ist. Wenn eine Hacke schon werkseitig mit einer Steuerung ausgestattet ist, kann man nur die damit steuern. Wenn man einen Verschieberahmen hat, kann man die komplette Produktion darauf ausrichten, ohne neue Geräte kaufen zu müssen: Im Frühjahr die Dammfräse, dann die Einzelkorndrille und am Ende noch die Hackmaschine.
- #Ö: Benötige ich denn gar kein Zubehör, wenn ich den SLIDE verwenden will?
Kleiber: Der SLIDE wird über ein eigenes Terminal bedient, das man bei uns kaufen kann. Aber es genügt auch jedes andere ISOBUS Terminal. Bei leichten Traktoren und einem Anbaugerät, das stark in den Boden eingreift, kann es passieren, dass der Verschieberahmen nicht das Anbaugerät, sondern den Traktor verschiebt. Dann empfehlen wir die Montage von Spurkranzrädern. Sie helfen, den Traktor in der Spur zu halten. In geschlossenen Beständen ist als Ergänzung zum Ultraschall ein Blattabweiser aus Edelstahl sinnvoll.
- #Ö: Apropos Ultraschall. Warum arbeitet der SLIDE beim Hacken nicht mit einer Kamera?
Kleiber: Das Ultraschallgerät kann im Grunde alles, was eine Kamera auch kann. Aber mit Ultraschallsensoren können wir noch weiterfahren, wo es für die Kamera schwierig wird – auch wenn es staubt oder dunkel ist. Mit Ultraschall kann man beispielsweise auch Dammkronen abtasten, wo noch gar keine Kulturpflanzen wachsen. Außerdem richtet sich der Sensor auch nach der Höhe der Pflanzen. Idealerweise ist das Beikraut dann niedriger als die Kultur. Dadurch funktioniert Ultraschall auch in dichten Beständen oder bei viel Unkraut in der Reihe, wo Kameras versagen.
Kameras messen und vergleichen nämlich Farben und Blattformen. Sind sich Beikraut und Kulturpflanze sehr ähnlich oder es sind noch gar keine Bestände vorhanden, wie zum Beispiel bei vorangelegten Dämmen, stößt die Kamera an ihre Grenzen.
Der Nachteil des Ultraschallsensors ist, dass er die Pflanzen erst ab etwa acht Zentimeter Höhe erkennt. Aber darunter kann der SLIDE ja mit GNSS fahren. Um die Präzision des Systems optimal auszureizen, sollte man den kompletten Pflanzenbau darauf ausrichten, also schon beim ersten Schritt möglichst präzise und genau sein. Wenn ich schon mit GNSS gesät habe, kann ich noch vor dem Auflaufen blindhacken. Und falls mein Lohnunternehmer mit GNSS gefahren ist, kann ich mir von dem die Daten geben lassen und sie auf den Slide übertragen.
- #Ö: Wo liegen die Grenzen des SLIDE?
Kleiber: Die Tragkraft begrenzt das Einsatzspektrum minimal. Maximal fünf Tonnen statische Tragkraft an den Koppelpunkten sind erlaubt. Also eine riesige Kartoffelpflanzmaschine, wo schon vier Tonnen Kartoffeln drin sind, wird zu schwer für den SLIDE. Bei sehr breiten Anbaugeräten, wie Hacken mit mehr als neun Metern Breite oder 24-reihigen Maisdrillen, sind die Torsionskräfte bei leichten Kurvenfahrten oder unebenem Boden zu groß. Bis etwa neun Meter funktionieren aber. Und ältere verschlissene und ausgeschlagene Geräte schlackern rum. Das kann auch der SLIDE nicht ausgleichen. Die Anbaugeräte sollten also spielfrei sein. Ein Vorteil ist, wenn der Traktor automatisch gelenkt wird, weil dann das ganze Gespann ruhiger in der Reihe liegt. Wenn der Fahrer bei einer manuellen Lenkung sonst mal unkonzentriert eine schnelle Lenkbewegung macht, kann es sein, dass der SLIDE nicht hinterherkommt.
- #Ö: Haben Sie Erfahrungen, wie schnell sich die Anschaffung des SLIDE amortisiert hat?
Kleiber: Amortisiert hat er sich vor allem bei Gemüsebaubetrieben sehr schnell. Einfach, weil dort sonst viel von Hand gehackt werden muss. Jeder Zentimeter näher an der Reihe spart teure Handarbeit. Die Nachfrage steigt jedes Jahr, auch weil viele Betriebe auf Biolandwirtschaft umstellen. Der Verschieberahmen kostet je nach Ausstattung zwischen 15.000 und 23.000 Euro. Das ist günstiger, als alle Geräte neu zu kaufen. Bei einem Neukauf ist ein begleiteter Ersteinsatz im Preis enthalten.
- #Ö: Wir haben noch nicht über das Attribut „umweltfreundlich“ gesprochen.
Kleiber: Der Slide hat eine viel höhere Produktivität als eine nichtautomatische Hacke. Denn man kann mit ihm locker zehn bis 12 Kilometer in der Stunde fahren. Das reduziert den Kraftstoffverbrauch pro Hektar. Man spart sich auch Hackgänge, weil man mit dem Verschieberahmen präziser hacken kann. Und man kann mit ihm auch im stehenden Mais Gülle einbringen. Das ist ja sonst schwierig, da noch die Reihe zu finden. Dadurch kommt der Stickstoff dann zur Pflanze, wenn sie ihn braucht.
Quelle: #Ö – ökologisch erfolgreich, Theresa Petsch (Redakteurin)